Humankapital ist für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region von entscheidender Bedeutung. Hochschulen kommt hierbei eine entscheidende Rolle zu, denn die lokale Humankapitalausstattung wird nur erhöht, wenn die Absolventen nach ihrem Studium in der Universitätsregion bleiben. Absolventen tendieren allerdings zur Migration in urbane Agglomerationsräume und stellen somit gerade kleine und wirtschaftlich schwächere Regionen vor Herausforderungen. Entsprechend entscheidend ist es, die Migrationsentscheidung von Absolventen besser zu verstehen. Einflussgrößen sind hierbei individuelle, studiengangsbezogene und regionale Faktoren.
Christian Teichert, Annekatrin Niebuhr, Anne Otto und Anja Rossen untersuchen in ihrem neuen Artikel eine weitere Komponente der Migrationsentscheidung: gesammelte Arbeitserfahrung. Die meisten Studierenden haben bereits vor oder während ihres Studiums gearbeitet und unterschiedliche Erfahrungen generieren können. Gesammeltes, jobrelevantes Wissen und die lokalspezifischen Kontakte zu potentiellen Arbeitgebern können eine Rolle bei der dem Hochschulabschluss folgenden Migrationsentscheidung spielen. Die räumliche Verortung dieser Erfahrungen liegt im Fokus des Artikels. Die Autoren nutzen hierzu einen administrativen Datensatz, der Absolventen- mit Sozialversicherungsdaten verknüpft. Sie finden Hinweise zu einer signifikanten Verbindung zwischen dem Ort der vor und während des Studiums gemachten Arbeitserfahrung und der Migrationsneigung nach Abschluss, welches auf die Bedeutung von Arbeitsmarktkontakten, lokalem Humankapital und soziale Netzwerke für den Eintritt in den Arbeitsmarkt und die damit verbundene Mobilität hinweist. Die Effektstärke wird hierbei ferner durch die Art der Arbeitserfahrung und der Sektor- und Tätigkeitsspezifität beeinflusst.
Teichert, C; Niebuhr, A.; Otto, A.; Rossen, A. (2020): Work experience and graduate migration. An event history analysis of German data. Regional Studies. DOI: 10.1080/00343404.2020.1716965