Lokale Selbstverwaltung von Bewässerungssystemen im Gebiet Talas (Kirgistan)
Leitung: | Prof. Dr. Matthias Schmidt (Universität Augsburg) |
Team: | Dipl.-Geogr. Berit Böckel |
Jahr: | 2018 |
Förderung: | Eigenfinanzierung, finanzielle Unterstützung der Graduiertenakademie |
Laufzeit: | 2013 - 2018 |
Ist abgeschlossen: | ja |
Der Umgang mit Naturressourcen, deren nachhaltige Nutzung sowie Verteilungskonflikte sind gerade in den Ländern Zentralasiens wichtige und aktuelle Forschungsfelder. Die ökonomischen und sozialen Umbrüche nach Auflösung der Sowjetunion, Einflüsse der Globalisierung und der globale Klimawandel stellen insbesondere diese Region vor große Herausforderungen. Seit der Unabhängigkeit der Republik Kirgistan unterliegen nicht nur staatliche Institutionen, sondern auch Land- und Ressourcennutzung massiven Umstrukturierungsprozessen. Gegenwärtig ist ein Trend beim Ressourcenmanagement von zentralisierter Verwaltung hin zur Abgabe von Verantwortlichkeiten an die lokalen Nutzer zu konstatieren.
Nutzung, Management und Verteilung von Wasser sowie die Errichtung, Instandhaltung und Pflege von Bewässerungssystemen waren während der Sowjetära bisher nach dem Top-Down-Prinzip geregelt. Lokale Aneigner waren von diesen Prozessen in den meisten Fällen partizipatorisch weitestgehend ausgeschlossen. Die gegenwärtige Abkehr von diesem hierarchischen Prinzip staatlicher Verwaltung in Kirgistan, aber auch in anderen Staaten Zentralasiens, zeigt sich aktuell in den Bemühungen, insbesondere sogenannte Allmenderessourcen gemeinschaftlich von lokalen Aneignern ohne staatlichen Einfluss erfolgreich zu organisieren und zu verwalten. Insbesondere die Nutzung der Ressource Wasser kann Ungleichheiten schaffen oder verstärken und zu einem verstärkten Konkurrenzverhalten der Aneigner untereinander führen. Die Verteilung von Irrigationswasser ist in den meisten Fällen von mehreren Faktoren, wie der geographischen Nähe zu Flussläufen oder Bewässerungskanälen (Oberlieger-/ Unterliegerposition), der sozialen Stellung innerhalb der Gemeinschaft, dem Geschlecht oder der finanziellen Ausstattung eines Haushaltes abhängig. Im heutigen Kirgistan reicht die staatliche Kontrolle oft weder für die Instandsetzung und den Betrieb der Bewässerungssysteme noch für die Gewährleistung einer gerechten Wasserverteilung aus. Dies führt nicht selten zum Zerfall der Bewässerungsinfrastruktur und einer erhöhten Konkurrenz um das Irrigationswasser.
Ziel des Dissertationsvorhabens ist es, anhand zweier Dörfer im Gebiet Talas im Westen Kirgistans zu untersuchen, ob die Verwaltung der Ressource Wasser im Sinne einer Allmende eine sinnvolle Strategie wäre, um auf lokaler Ebene Spannungen bei der Verteilung von Irrigationswasser zu verringern. Welche Bedingungen dafür erfüllt sein müssten bzw. welche Hemmnisse dem entgegen stehen, soll in dem Projekt mit Hilfe eines qualitativen Forschungsdesigns untersucht werden. Neben einer Bestandsanalyse der physischen Infrastruktur und der Wasseradministration werden dabei Interdependenzen zwischen politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, Institutionen und Akteuren analysiert.